Von Hexen und Richtern

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Eine junge Frau stolpert mit Blut beschmiert erst durch den Wald und dann die Straße entlang. Sie wird von Dorfbewohnern gefunden und belacht. Verwunderung, Empörung – aber auch Furcht machen sich breit. Rückblende: Eine ganze Gruppe junger Mädchen tanzt im Wald und hält mit Hilfe einer schwarzen Bediensteten ein Beschwörungsritual ab. Dabei werden Sie von Dorfpfarrer beobachtet, der dazu hemmungslos, versteckt hinter einem Baum onaniert. Als sie den Spanner entdecken, erfüllen Schreie und ohnmächtiges Wehklagen die hohen Steinwände der Stiftsruine. Mädchen und Pfarrer verschwinden in der Dunkelheit…
Was die ersten zehn Minuten auf den Zuschauer einbricht ist nur der Vorbote eines höllischen Dramas nach einem Buch von Arthur Miller: HEXENJAGD. Und was die ersten 10 Minuten versprechen, halten die folgenden Stunden auch. Grandios gespielte Rollen und eine finstere Geschichte. Ohne Aussicht auf ein Happy End.

Eine gar nicht kritische Theaterkritik

Ich bin Vorsichtig mit Superlativen. Lobe ungern über den Klee und weiß, das viele Dinge zusammenspielen, ehe ein Theaterabend zu etwas besonderem wird. Was uns vom Ensemble in Hersfeld geboten wurde, übertraf dann aber schon meine Erwartungen. Doch dazu gleich mehr.
Hexenjagd spielt im Jahr 1692 in Salem, einer Gemeinde im heutigen US-Bundesstaat Massachusetts. Die ganze Geschichte könnt ihr gerne hier nachlesen. Es geht um Denunzierung, Verrat, Ehebruch, falsche Anklagen und die Unfähigkeit des Gerichts, die erkannte Fehlentscheidung zu gestehen. So werden nach und nach immer mehr Bürger von Salem erhängt oder sterben als Märthyrer. Die Mädchen beschuldigen nach und nach immer mehr Menschen der Kleinstadt, mit dunklen Mächten in Verbindung zu stehen und der Zuschauer muss mit Ansehen, wie unschuldige nur durch Verdacht und Verleumdung weggesperrt und hingerichtet werden.
Dieter Wedel, Grimme-Preisträger, Bambi- und Goldene-Kamera-Gewinner, ist einigen bekannt. Der großartige Regisseur ist seit 2014 Intendant der Hersfelder Festspiele. Er inzenierte und schrieb dieses Jahr HEXENJAGD und MARTIN LUTHER – DER ANSCHLAG. Den Hauptdarsteller von letzterem hat er am Tag vor der Premiere rausgeschmissen und des Festspielhauses verwiesen. Das er ein feines Gespür für Drama und Leidenschaft hat, war in der Stifts-Ruine in jeder Minute zu spüren. Kino und Fernsehen sehen dagegen leider alt aus. Und das sage ich als Filmliebhaber… Mit HEXENJAGD ist ihm ein weiterer großer Wurf gelungen
Ein Grund für den Erfolg seiner Inszenierung ist natürlich auch der Cast, für den er zahlreiche, hochdekorierte Schauspieler auf der Bühne vereinen konnte. Hier ein Link zur Besetzung der HEXENJAGD.
Horst Janson, Jasmin Tabatabei, Richy Müller, Corinna Pohlmann oder Motsi Mabuse… Das sind nur ein paar Namen der Großartigen Schauspielriege. Christian Nickel als John Proctor, Elisabeth Lanz als seine Frau Elizabeth Proctor (kennen einige vielleicht auch als Tierärztin Dr. Mertens), Tilo Keiner, Helen Woigk, Simone Kabst, Bettina Hauenschild (im TV mit Bella Block, Nikola usw.), Rudolf Krause, Kim Bormann, Janina Stopper, Brigitte Grothum, Christian Schmidt, Hans Diel, André Hennicke, Milena Tscharntke und und und…
In der Pause dann draussen bei lauem Sommerwetter Livemusik und leckere Getränke.

Mein Fazit

Nach der (meiner geringen Meinung nach) doch eher langatmigen und langweiligen (ich bin eingenickt) Inszenierung von „Der Name der Rose“ vor ein paar Jahren, ist hier alles für uns entschädigt worden. Super Ensemble, hochklassige und moderne Inszenierung und natürlich die Stiftsruine – als Spielort wohl schwer zu übertreffen – ein prima Gesamtpaket, das ich jedem Empfehlen kann.
Wir waren jedenfalls restlos begeistert und wissen jetzt auch, warum die Festspiele so einen guten Ruf geniesen.
Ach ja, Hersfeld ist natürlich auch nicht zu vergessen. Leckeres Essen vorher und die schöne Innenstadt lohnen immer einen Besuch.

HEXENJAGD Bad Hersfelder Festspiele
Viel Spaß bis dahin!

man liest sich!
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