Das Elend das wir nicht kennen

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Wenn ich Kommentare hinter meinen wenigen Posts lese oder an die Stunden denke, die ich damit verbracht habe, den Mist unter einem guten Beitrag zu irgendeinem Thema, das mich interessierte, kopfschüttelnd zu lesen… Da wurde mir oft schlecht und alle kann man ja auch nicht blocken oder ignorieren…

Was ist nur mit den Menschen passiert? Es hat nicht mal ein Jahr gebraucht, um Händeschütteln und Umarmungen so weit weg zu rücken, das jetzt schon vermutet wird „dass solche Gesten wohl langfristig aus unserem allgemeinen Umgang verschwinden“… Bitte was? Genau das war noch das letzte zwischenmenschliche, was unser Zusammenleben erträglich gemacht hat. Eine Nähe zu erzeugen, die dem Gegenüber zeigt, das man nicht nur nebeneinander lebt – sondern füreinander.

Die Menschen sprechen von „Einschränkungen“ und „Medien, die, gesteuert von OBEN, wiederum uns steuern“… Damit wir wie Lemminge einfach willenlos geradeaus laufen und in den Untergang. Die Menschheit lebt in einer psychischen Zwischenwelt, ein Teil Real ein Teil Romanthriller der allerbesten Sorte. Und eine Schippe Weltuntergangsstimmung darf auch nicht fehlen.

Ich bin nicht besser. Ich bin auch immer gerne für eine knackige Verschwörungstheorie zu haben. Ich mag Geschichten, die mehr hinter ein langweiliges Geschehnis projizieren als da wirklich zu finden war. Aber… ich kann auch noch differenzieren. Ich kann auch noch Fakten von Spinnerei unterscheiden. Ich informiere mich nicht gezielt und dauernd. Aber ich schalte ab, wenn ich merke, dass ich beeinflusst werden soll. Wenn es zu viel Fiktion ist.

Ich sage nicht, dass es uns schlecht geht, weil es nicht so ist. Weil das einfach nur ein Schlag ins Gesicht jedes einzelnen Menschen ist, dem es wirklich schlecht geht. Weil das die Menschen verhöhnt, denen es in der Menschheitsgeschichte schlecht ging und geht. Die jeden Tag hungern müssen, frieren, auf engstem Raum leben, beschossen, vergewaltigt und zerbombt werden. Die zusehen, wie ihre Kinder in Ihren Armen sterben, weil es nichts zu trinken und zu essen gibt. Keinen Hausarzt haben, der mal eben „was verschreibt“. Die nicht in die Küche gehen können, um sich ein Glas Wasser aus der Leitung zu holen, wenn sie durstig sind. Denen es nicht so gut geht wie uns.

Ich könnte elend lange damit Zeit verbringen, richtiges Elend aufzuzählen. Es würde die, die ich damit betroffen machen möchte, nicht erreichen. Die, die lauthals vom „Großen Ganzen“ sprechen. Über die da Oben schwadronieren, die „die Strippen ziehen“. Die sauer sind, weil sie Maske tragend mal ein paar Wochen nicht zum Shoppen gehen dürfen oder, noch geiler, ins Solarium oder in die Muckibude. Die nicht verstehen, was hier gerade passiert. Und nicht einsehen, dass das kein wirkliches Elend ist.

Selbst wenn kleine Läden am Existenzminimum knappsen oder schließen müssen. Ist das kein richtiges Elend. Wenn die Tourismusbranche zusammenbricht und Menschen irgendwie über die Runden kommen müssen – ist das KEIN ELEND.

Was allen abhanden geht, ist die Empathie anderen gegenüber. Der Wille, auch weiterhin für Menschen zu klatschen, die sich in den Krankenhäusern und Pflegeheimen jeden Tag den Arsch aufreißen. Oder noch besser, vielleicht mal für diese Menschen auf die Straße zu gehen. Für diese Menschen zu demonstrieren, damit es nicht vergessen wird, dass sie gerade jeden Tag wirklich was riskieren.

Stattdessen geht ihr auf die Straße um „gegen die Maskenpflicht“ zu demonstrieren. Weil sie angeblich nur der Anfang von vollständiger Unterdrückung ist. Weil alles, was Euch Angst macht, schlecht ist. Weil ihr merkt, dass ihr verlernt habt, mit dem Ruder umzugehen und nun stinksauer auf die seid, die es Euch deswegen lieber abnehmen, bevor noch schlimmeres geschieht.

Ihr lullt Euch lieber ein. Schaut besorgt auf „Euer Land“ – das ihr, by the Way, NICHT aufgebaut habt. Keine Sorge, mir geht auch einiges gegen den Strich. Politische Korrektheit, die jede sprachliche Freiheit im Keim erstickt. Klagen, warum nicht überall neben Er und Sie auch ein Es beachtet wird.

Es gibt genug, worüber man sich aufregen kann. Und das sollte man auch. Nicht zu kritisieren ist immer nur der einfache Weg. Etwas in Frage zu stellen ist jedermanns und jederfrau’s Pflicht. Aber auch einfach mal die Fresse halten, wenn man von etwas keine Ahnung hat – das müssen viele erstmal lernen.

Ich wünsche mir für 2021, das …

… eine bessere Normalität entsteht, als sie vor Corona existierte.

… ein Wunder geschieht und nach dem zweiten Lockdown das Verständnis für unsere Umwelt und Natur an der Situation gewachsen ist und fortbesteht.

… die Menschen weniger „die da oben“ für alles verantwortlich machen, sondern selbst mal den Arsch hochkriegen.

… ich meinen Kindern in 10 Jahren in die Augen schauen kann und sagen kann: Ja, es war schlimm. Aber die Menschen haben daraus gelernt.

Vielleicht ist das nur Wunschdenken. Aber vielleicht wachsen unsere Kinder mit einem anderen Bewusstsein auf und denken auch irgendwann mal: „wir machen das anders, besser. Und zusammen.“

Ein schönes neues Jahr wünsche ich Euch!

man liest sich!
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