Wer in den letzten Wochen wiederholt seine Kinder zu Hause betreuen musste, konnte schnell feststellen das die Weiterentwicklung und der versprochene Schub in Richtung digitales Lernen seit dem Frühsommer 2020, na, sagen wir mal… stagniert.
Das sowohl Bildungsministerium als auch die Verantwortlichen hinter der Entwicklung der SchulCloud offensichtlich ein Sommer- und Herbstpäuschen, parallel zur Inzidenzkurve, gemacht haben. Und jetzt, Anfang 2021 schauen sie alle mit großen Augen wieder auf die immer noch vor uns liegenden Aufgaben. Gut, das es noch uns Eltern gibt „die wieder den Karren so lange über Wasser halten, bis der Sumpf einigermaßen befahrbar ist.“
Aber Moment mal… waren diese Fragen und Aufgaben nicht schon vor Monaten beantwortet und erledigt? Dauert es wirklich so lange, bis das Land Thüringen die bewilligten und zugewiesenen Millionen da ankommen lässt, wo sie hingehören?
Warum, verdammt noch mal, muss ein Schüler unbedingt ein IPad von Apple für den Unterricht einsetzen? Warum werden eh schon benachteiligte Eltern gezwungen, ihren Kindern den Porsche unter den Tabletts zu kaufen, wenn es auch ein Mittelklassewagen eines anderen Entwicklers tut? Steckt lieber Geld in die Entwicklung von Apps, die von allen gängigen Geräten aus bedient werden können… Günstiger als der Versuch, landesweit IPads für alle Schüler zu kaufen wäre das allemal. Und die, die nicht das Vergnügen einer Förderung haben, können sich auch ein Endgerät leisten.
Aber für den Fall, das mich gleich wieder alle APPLE-Jünger lynchen… ja, ich habe mich über Pro und Contra belesen.
Wo ist denn das fortschrittliche Lernen vorm heimischen Computer? Wo sind die stabilen Systeme, Apps, Portale und Clouds? Was im letzten Frühling und Frühsommer aufgrund der plötzlich aufgetretenen Pandemie noch entschuldbar war, klingt heute, fast ein Jahr später wie ein schlechter Witz in meinen Ohren. „Wir müssen uns erstmal in die neuen Systeme einarbeiten!“ war damals wie heute zu hören, „Das ist alles neu für uns, wir müssen schauen, welche Möglichkeiten es gibt…“ … whaaaat? Hallo!?!?
Über die vielen Fehler, welche während der Pandemie gemacht wurden, will ich mir kein Urteil erlauben. Und auch, das vieles anders hätte gemacht werden müssen, wisst ihr vielleicht selber. In allen Bereichen.
Das aber unsere Kinder und wir als Eltern wieder die Deppen sein sollen, über deren Rücken sich Politik und Schulwesen gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben – das kann ich nicht einfach runterschlucken.
Eine Studie von 2018 sagt es so: „Gleichwohl dokumentierte die International Computer and Information Literacy Study (ICILS) 2018 umfassend, dass deutsche Schulen im internationalen Vergleich noch keinen hinreichenden Anschluss an die Digitalisierung und die Vermittlung digitaler Kompetenzen gefunden hatten.“
Das war 2018… Seitdem ist Geld und Wissen in die Schule geflossen. Seitdem ist eine Pandemie am Start. Am diesem Wochenende habe ich den folgenden Artikel in der Südthüringer Zeitung vom 23. 1. 2021 gelesen. Und er macht mich wütend. Warum? Weil in diesem Artikel zu lesen ist, das …
… Datenschützer und Bildungsministerium in Thüringen versagt haben. Selbst Lehrerverbände und Gewerkschaften können nur noch kopfschüttelnd zuschauen, wie unsere Landesregierung weiterhin den Anschluss an ein modernes digitales Lernen verpasst… während sie verzweifelt mit einem Schild, auf dem Datenschutz steht, dem bereits abgefahrenen Zug in Richtung Zukunft der Bildungspolitik hinterherstolpert.
aus meiner Feder
Ich spreche hier im Beispiel nur die Vorgehensweise in Thüringen an. Bei uns empfielt Herr Hasse, gewählter oberster Datenschützer Thüringens, Produkte und Plattformen zu nutzen, die hier in Thüringen angeboten und entwickelt werden. Er sagt, das „bestimmte Systeme aus seiner Sicht heraus kritisch zu sehen sind wenn sie ihre Server in den USA stehen haben und dort Daten verarbeitet werden“. Das ist, mit Verlaub nicht mal die Hälfte der Wahrheit und führt Menschen, die sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen oder irgendwie auskennen, in die Irre.
Nennen wir ein „System mit den Servern in den USA“ einfach mal beim Namen: Microsoft TEAMS. Im Artikel selbst wird ja gesagt, das wir es in Thüringen mit dem Datenschutz vielleicht etwas „übertreiben“. In anderen Bundesländern wird z.B. Teams einfach genutzt. Und glaubt mir – es bietet viele Möglichkeiten und: es läuft stabil.
https://www.microsoft.com/de-de/microsoft-teams/group-chat-software
Und zum Thema Datenschutz hier ein paar Informationen:
https://www.microsoft.com/de-de/microsoft-365/microsoft-365-local-datacenter
https://docs.microsoft.com/de-de/microsoftteams/location-of-data-in-teams
Wir haben im Haushalt den direkten Vergleich, wie es in anderen Bundesländern gehandhabt wird und wie es in der Wirtschaft funktioniert. Fazit: Die Schulcloud in Thüringen ist technisch gesehen und an der Erreichbarkeit gemessen nicht mal ansatzweise den Anforderungen gewachsen. Sie funktioniert (immer öfter). Mehr aber auch nicht. Videokonferenzen oder Online-Unterricht sind bisher nur sporadisch und wenn, dann nur mit Unterbrechungen möglich. Mehrere Einlog-Versuche am Tag sind nicht selten.
https://www.mdr.de/thueringen/corona-unterricht-home-schooling-schul-cloud-100.html
Motivieren sie mal über Wochen unter diesen Umständen einen 12jährigen DAS zu nutzen! Ein Pubertier, das eh schon aus einem normalen Alltag herausgerissen wurde. Ein Kind, das Masken im Bus und im Unterricht tragen muss. Das versucht, seine Zeit so zu planen, das es mit seinem jüngeren Geschwisterchen spielen kann um ein Elternteil zu entlasten, welchen parallel auch vor der Webcam sitzen muss. Das versucht, die Schulaufgaben zu schaffen und vielleicht noch ein bisschen im Haushalt zu helfen. Wir haben, wie viele auch, Kinder, für die CORONA im Alltag zur kranken Normalität wird und die daran kaputt gehen, wenn wir nicht aufpassen. Für den Online-Unterricht heißt das: „Um 8 Uhr ist Unterricht… Oh, geht nicht… dann um 10 Uhr… oh immer noch nicht, nur Bild, kein Ton… dann um 16.00 Uhr… ach, da war ja der Termin beim Kieferorthopäden… na das ist jetzt blöd… Geht immer noch nicht… Dann morgen früh vielleicht.“
Ja, es wird Besserung versprochen – aber wann soll das geschehen? Hatten Sie alle dort in ihren Entwicklerzentren nicht Zeit genug, sich auf diesen zweiten Lockdown vorzubereiten? War nicht abzusehen, wie viele Schüler sich im Fall der Fälle gleichzeitig in der Schulcloud tummeln? Und konnten nicht schon längst Kapazitäten in ausreichender Form vorbereitet werden? Strukturen entwickelt und Abläufe konzipiert werden?
Vielleicht denke ich zu einfach. Zu undifferenziert. Sehe die vielen kleinen Zusammenhänge nicht. Aber ich kann Ihnen sagen was ich sehe:
Ich sehe Blockaden, die errichtet werden, anstatt neue Wege zu gehen. Ich sehe Angstmache vor Datendiebstahl und -Mißbrauch in einer Altersgruppe, die in Ihrer Freizeit trotzdem jede Beschäftigung bei Instagram, Facebook und Co. posten können und das auch tun. Ich sehe, wie unsere Kinder in Thüringen auf allen Wegen abgehängt werden. Muss mit ansehen, wie sich alte Männer und Frauen um Belange kümmern sollen, deren Entwicklung sie selbst gar nicht mehr folgen können. Höre in den Nachrichten von neuen Bildungswegen und Möglichkeiten die sich Online auftun – dabei scheitert es vielerorts schon schlicht an einer brauchbaren Internetverbindung oder der geforderten technischen Ausstattung.
Und dann sehe ich, das es in den benachbarten Bundesländern einfach etwas weniger eingeschränkt behandelt wird. Und dort funktioniert es. Ich habe Einblicke bekommen, wie es aussieht, wenn sich Lehrkräfte mit den Anforderungen auseinandersetzen und selbst das Ruder in der Hand behalten und das Wohl der Schüler über ihr eigenes stellen.
In Thüringen dagegen wurde bereits letztes Jahr mit Klagen gedroht, sollten sich Lehrkräft gegen den Willen der Ministerien stellen und (Gott behüte) ein böses, böses Fremdprogramm zur Kommunikation nutzen! Wie könnt ihr es wagen, die Hand zu beißen, die Euch füttert!!!
https://www.sueddeutsche.de/digital/datenschutz-schule-zoom-whatsapp-1.4928617
Aber ich muss der Landesregierung ja auch zu Gute halten, das sie sich bemühen und Unsummen an Geldern in die Entwicklung. Im Dezember ist immerhin schon rund eine Million Euro an Bundesmitteln aus dem Digitalpakt in die Schul-Cloud investiert worden. Man stelle sich das mal vor.
Rund EINE UNGLAUBLICHE MILLION !!1! EURO für das Projekt, welches allen Schulen, Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern als zentrale Anlaufstelle, Videoplattform, Materialbibliothek und so weiter dienen soll. Das unser Bildungssystem am laufen halten soll.
https://www.mdr.de/thueringen/schul-cloud-probleme-download-100.html
Eine schäbe Millionen Euro. Für Software die noch nicht ausgereift ist und für Server, die nur leider bereits unter der Last eines Bruchteils der realen Nutzer zusammen bricht… Eine fucking Million Euro… Ach, ich vergaß, hier kann man sich ab und zu umsehen, für was Steuergelder verschwendet werden:
https://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/steuergeldverschwendung-alle-faelle
Also um es in einem Satz zu sagen: NEIN, 1.000.000 Euro sind in diesem Zusammenhang nicht viel Geld. Und Nein, ich will mich nicht abregen. Wir arbeiten seit Jahren zum Beispiel mit Teams. Vor Corona bereits. Warum geht das in der Wirtschaft, aber nicht für die Bildung? Es müssen keine Noten oder persönlichen Daten über Skype und Konsorten verteilt werden. Es geht nicht um sensible Daten, die einen Wert für irgendjemand anderen haben. Es geht darum, unseren Kindern ein Stück Normalität zu geben. Eine Möglichkeit sich auszutauschen, zu lernen. Sich darauf zu konzentrieren, was vermittelt werden soll und nicht, warum der Ton zum zehnten Mal ausgefallen ist und ob bei Anmelden in der Cloud wirklich Inhalte geladen werden oder nur wieder der Ausfallbildschirm erscheint.
Und liebe Verantwortlichen, falls Sie wissen wollen, wo ihre Daten bei Teams gespeichert werden:
Wo Ihre Teams-Daten gespeichert sind
Wenn Sie wissen möchten, in welcher Region sich die Daten für Ihren Mandanten befinden, wechseln Sie zu Microsoft 365 Admin Center > Einstellungen > Organisationsprofil. Blättern Sie nach unten zu Datenspeicherort.
Oder jemanden anrufen, der wirklich etwas davon versteht: Der IT-Mensch aus der Wirtschaft. Der sich weiterbildet und ergebnissorientiert plant. Denn der… muss noch für sein Geld arbeiten.