„Vom-Leben-lernen?!“ TEIL 1
Frage: Ersetzen Pussybilder das „Vom-Leben-lernen?“
Täglich schaue ich ins das Gesichtsbuch. Täglich kann ich lachen, melancholisch oder traurig sein, wenn ich Posts von anderen Facebookusern lese. Ob mir die Nachrichten auf den Sack gehen? Nein. Serdar Somuncu hat mal in einer seiner berühmt, berüchtigten Liveshows gewettert: „Da postet einer: Ich habe eine Kackwurst gemacht! Und 3 weiter liken das auch noch!“ So krass das klingt, es ist Realität. Wenn Max Mustermann also postet, das er eine Kackwurst gemacht hat… bitte, wenn er meint, das das jeder wissen muss, meinetwegen. Bisweilen lache ich sogar darüber – nur geliked hab ich sowas noch nicht (ausser es war grandios gut geschrieben).
Was mich bei Facebook aber wirklich nervt, sind die Bilderseiten á la „Vom Leben gelernt“ oder „Liebe Dich“ oder „Liebe Deinen Nächsten“ mit bedeutungsschweren, mal kurzen, mal langen „Weisheiten“ in Bildform. Was wollen diese leeren Lehren des Lebens mir sagen?
Zuallererst sollen sie mich in einer miesen Lebenssituation ansprechen… Zum Beispiel: Freundin oder Freund weg – da hilft heutzutage scheinbar schon ein kleiner Spruch wie „Schau nach vorn, da wartet der oder die, welche(r) Dich WIRKLICH VERDIENT HAT!!!“ Geziert mit ein paar Herzen, Wolken und im besten Fall noch mit einem Sonnenuntergang und fliegenden Tauben. Und schon funkelt ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Oder soll das eher ein drohender Hinweis für den nächsten Lebensabschnittsgefährten sein? Hoffentlich nicht, denn selbiger hat es sicher nicht verdient, über Glücksbringerbildchen in ein leuchtendes Erwartungsbild gedrückt zu werden, welches er am Ende nur bedingt erfüllen kann.
Vielleicht bedauere ich ja auch nur die, sagen wir mal zu 99 Prozent weiblichen, Verehrerinnen dieser schwülstigen Machwerke einfach nur. Traurig und wütend über den Verflossenen, suchen sie, in Selbstmitleid versunken, Trost und Hoffnung ausgerechnet in solchen stümperhaft zusammengeschriebenen Texttafeln. Selbstheilung durch meditative Berieselung in Pixelform…
Ein paar Beispiele gefällig?
Liebe ohne Tränen & Schmerz gibt es das?
It’s time to forgetlσνє мє σя нαтє мє вυт ∂σηт ρlαу ωιтн мє
manchmal ist ‚Sorry‘ einfach nicht genug.
„…und am Ende verliert der, der am meisten liebt und ehrlich ist“
Einfach mal beim Gesichtsbuch danach suchen – und das sind noch lange nicht die Schlimmsten der Schlimmen!
Wie war das eigentlich früher, als noch Poesiealben angelegt, kleine Zettel unter den Schulbänken geschoben und Liebesbriefe geschrieben wurden? Als man sich noch schüchtern irgendwo (an einem reellen Ort) verabredete, ins Kino ging oder sich auf einer Veranstaltung traf um solange stumm in der Gegend rumzustehen bis einer irgendwas sagte – oder zu trinken holte? Damals wurde eine Beziehung wenigstens einige Zeit vorbereitet (vom stürmischen One-Night-Stand mit anschließendem Kaffeetreffen mal abgesehen) und hielt lang genug um wenigstens ein paar zarte Wurzeln zu schlagen.
Heute dominieren im Vorfeld die Fragen: a) sieht Er/Sie perfekt aus? b) kann ich Ihn/Sie meinem Freundeskreis vorführen? und c) mit wem hat Er/Sie schon?
Nach diesem ersten Auswahlverfahren werden Leistungsfähigkeit beim Mann oder Gefügigkeit bei der Frau ausgetestet – kann Er gut oder wenigstens lang genug und ist Sie ausreichend schlau, damit er sich mit Ihr schmücken kann gleichzeitig aber dumm genug um nicht unnötig Dinge zu hinterfragen?!?
Ein Blick in eine beliebige Fußgängerzone, Diskothek oder Parklandschaft reicht eigentlich schon, um ein paar Exemplare dieser geistig schwachen aber dafür gutaussehenden Abteilung der Gattung Mensch zu beobachten. Eine langanhaltende, ernsthafte Beziehung zu führen, werden diese Tiefflieger wohl nie schaffen – dafür können sie auf hohem ästhetischem Niveu fröhlich durch die Gegend poppen. Und auch so entstehen neue Generationen – vorzugsweise in Form von alleinerziehenden Müttern und zahlenden Vätern – die beide dann wieder bei Facebook nach der Lösung für Ihr kleines hausgemachtes Dilemma suchen. Ein Teufelskreis, der hier erst richtig anfängt absurd zu werden – doch das wird wohl eher der Inhalt von Teil zwei dieser Geschichte…
… bis dahin! Teil 2 folgt bald.