Der Anfang vom Ende

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Das Wochenende sollte besonders werden, das wusste ich einfach. Besonders sonnig… vielleicht. Besonders unterhaltsam… wahrscheinlich schon. Mit besonderen Menschen an besonderen Orten zu sein und einen der wichtigsten Tage in Ihrem Leben zu feiern, hat mir immer schon viel bedeutet.

Die Einladung zu Hochzeit meiner ganz besonderen Freundin Eileen hat mich deshalb um so mehr gefreut. Die Monate gingen schnell vorbei und nun sollte es soweit sein.
Vielleicht ist es gut, vorher zu erzählen, das wir früher einmal die dicksten Freunde waren, sind als Stöpsel im Garten neben unserem Haus auf Bäume geklettert, haben Streiche gespielt und später die Schulbank zusammen und nebeneinander gedrückt. Wie es vielen kleinen Jungs aber so geht, flammte auch bei mir irgendwann ein Gefühl auf, das ich bis dato nicht kannte. Und das Mädchen, welches bis zu diesem Zeitpunkt „nur“ meine beste Kumpeline war, bedeutete mir auf einmal mehr.

Viele Jahre sind seit dieser, wie man sich denken kann, unglücklichen Jugendliebe vergangen. Der Kindersegen hat uns beide auf getrennten Wegen eingeholt, das Alter hat uns weiser werden lassen und Beziehungen haben unseren Charakter verändert und gestärkt. Das besondere ist aber, das unsere Verbundenheit mit der Distanz nicht kleiner geworden, sondern gewachsen ist. Aus Grußkarten zu jedem Anlass ist eine Brieffreundschaft entstanden, die zeitlich zwar schwer zu schaffen, in ihrer Wichtigkeit aber umso schwerwiegender für uns beide geworden ist.


Der Hochzeitstag auf dem Erlebnis-Hof ging leider viel zu schnell vorrüber. Am Morgen warteten Christina, Max und ich vor dem Standesamt um mit unseren Glückwünschen erstmal Hallo zu sagen. Ein schönes, strahlendes Brautpaar waren die beiden. Dann ein Stadtbummel in Arnstadt und gegen Mittag ab in den guten Zwirn. Für die zahlreichen Kinder gab es jede Menge zu entdecken und staunen. Eine Büffel-Safari war wohl der Höhepunkt des Nachmittags, Ponyreiten und das riesige Trampolin – ein Unterhaltungsprogramm aller erster Güte.
Wir haben uns super amüsiert. Das Essen war ungemein lecker – auch wenn die Büffelbratwurst nicht ganz mein Ding war – und mit der Dunkelheit versammelten wir uns dann sogar noch um eine schöne Feuerstelle mitten auf dem Hof zum Stockbrot rösten, die meisten schon wieder etwas legerer in Jeans und Pullover. Max war um kurz vor 23 Uhr dann auch endlich im Bett und Braut und Bräutigam konnten in einem kleinen aber feinen Kreis übrig gebliebener Anwesender den Tag schon mal ein bisschen sacken lassen. Wer schon geheiratet hat, weiß wie schnell er erstens vorrüber zieht und zweitens wie viele Eindrücke erst im Nachhinein ins Bewusstsein finden.


Die übliche Hochzeitsschlager und Feiermusik blieb genau so aus wie eine steife Hochzeitsgesellschaft. Zu Pitchfork und Depeche Mode wurde noch ein bisschen getanz, durch Bier, Sekt und Captain Morgan das Lachen über alte Geschichten lauter. Was haben wir alles zusammen erlebt. Katrin nach so langer Zeit mal wieder zu sehen hat mich genauso gefreut wie der Umstand, meinen USB-Stick aus dem Auto zu holen und etwas Musik aus meiner Konserve aufzulegen.

Und so kommt es, das ich nach über 20 Jahren mit meiner großen Jugendliebe zu Lou Reed´s „Perfect Day“ auf Ihrer Hochzeit tanze. Und alles was ich in diesen 4 Minuten spüre ist ein einziges großes Gefühl von Glück. Ein vor langer Zeit angefangener Kreis der Freundschaft und Vertrautheit hat sich in genau diesem Moment geschlossen. Sunny steht neben uns und lacht uns an. Kein bisschen Wehmut oder Zurücksehnen in alte Zeiten kommt auf.

Seltsam fühlt sich das an, aber unser Weg hat uns alle genau hierher in diese Scheune geführt. Genau zu diesem Abend. Genau zu diesem Moment und diesem Lied. Christina schlief da leider schon, aber ich weiß, sie hätte gelächelt und mitfühlend genickt. Sie versteht uns, weil sie weiß wie wertvoll diese Freundschaft ist. Der einzige der noch fehlt ist Rico, der dieses unverwüstliche Trio mit seinem ungebremsten Optimismus stärkt. Aber der Tag kommt noch, wo wir uns alle drei wiedersehen… ganz bestimmt sogar.

Nachdem auch Christian und Eileen, das feiernde und gefeierte Brautpaar, die Party verlassen haben, tragen wir bereits Heiligenscheine aus Leuchtstäben und wandeln durch den dunklen Hof zu unseren Zimmern. Als ich wenig später im Bett liege, freue ich mich auf das was ab jetzt kommt. Ich schaue auf den leuchtenden bunten Ring, der in der vollkommenen Dunkelheit des Zimmers zu schweben scheint und denke an die Sache mit dem Kreis der sich geschlossen hat. Fast muss ich aufpassen nicht laut zu lachen und schlafe zufrieden ein.

Wir haben uns beim tanzen noch einmal versprochen, uns nicht aus den Augen zu verlieren. Eigentlich ein ziemlich nutzloser Vorsatz. Keine Entfernung und kein Zeitraum hat das unsichtbare Band auch nur angekratzt. Es ist und war immer da. Ist das nicht schön? Wie schlimm muss es Menschen gehen, die so etwas nicht haben?

Am nächsten Morgen sehe ich die meisten für die nächsten Jahre wahrscheinlich zum letzten Mal. Wann läuft man sich auch mal über den Weg wenn alle so verstreut wohnen?! Ich sehe unsere kleinen Familien und bin froh, das wir alle so glücklich „unter dem Hut“ sind. Wär hätte das gedacht? Von uns vor 20 Jahren sicher keiner. Und so treten wir den Heimweg von einem Fest an, das schöner nicht hätte sein können.
Vielen Dank von Herzen dafür…

man liest sich!
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