Freie Tage in den Bergen zu verbringen kann Balsam für die Seele sein – wenn man alleine fährt. Ist romantisch und verbindend – wenn man es als Paar genießen kann. Schlaucht und fordert – wenn man es als vierköpfige Familie er- und überlebt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Dies ist KEIN negativer Urlaubsbericht. Keine Urlaub ist einfach so streßfrei und ohne Konfliktpotential – wie langweilig wäre das denn!


Doch wie über viele Dinge, schreibe ich auch über Urlaub mit der Familie und denke: Das Negative zusammen mit der dreckigen Bettwäsche im Urlaubsort zurück zu lassen – das überlasse ich anderen. Auf meiner Seite gilt es immer, zumindest verbal, Katharsis walten zu lassen. Überzeichnet und humorvoll aufgearbeitet – versteht sich.

„Ferien in Bavaria…
Fluch und Segen zugleich“

Urlaub – ein perfekter Zeitraum für die dringend benötigte Akkuladung der geschlauchten Arbeitsmaschine Mensch. Wann sonst kann man mal die Seele baumeln lassen und die alltäglichen Aufgaben und Pflichten vergessen? Der Begriff Urlaub bezeichnet bekanntlich ja die Erlaubnis, sich von seinen bezahlten Beschäftigung entfernen zu dürfen. Doch entfernen wir uns nur körperlich oder auch geistig vom Alltagsgeschehen? Wohl kaum. Den wenigsten unter uns wird es gelingen, in 8 oder 10 Tagen völlig abzuschalten.
Mit den Liebsten zu verreisen ist ein anspruchsvolles Unterfangen. Sozusagen Level 3 des „Familien-Simulators“ – nur in Echt.
Die Anfahrt wird meist bereits zur Geduldprobe. Stau oder lange Fahrtabschnitte lassen den unterbeschäftigten Spross zu einer Ungeduldsbombe mutieren. Immer kurz vorm detonieren. Tick Tack Tick Tack. Fragen wie „Wann sind wir da?“ oder „Ist es noch weit?“ gehören zu den harmloseren, sich in immer kürzer werdenden Abständen wiederholenden Psychoangriffen auf das eigene, noch fröhlich im Alltagsstressrythmus pendelnde Nervenkonstukt. Als Erwachsene versuchen wir dieses aja schnellstmöglich am ersten Urlaubstag bereits auf SMILE-Modus und Entspannungsfluss umzuschalten. Leider ist das genauso wenig möglich, wie einem 7jährigen eine 500 km Fahrt in die Berge mit den Worten „versuch doch ein bisschen zu schlafen“ zu verkürzen wenn selbiger nichts verpassen will. Also Hörbücher einpacken, Spiele wie „ich sehe was…“ spielen oder singen. Alles aber nur Alternativen, wenn der achtmonatige Spross zeitgleich schlafen soll und vielleicht sogar will.
Nun, auch diese Hürde ist mit genug Pausen, dem geforderten Besuch der goldenen Bögen mit (endlich mal) Fritten und Chicken Nuggets (die ersten frittierten Knusperattraktionen von vielen die noch folgen – nicht nur im Bayernurlaub) und einfach auch einer großen Portion aufgebrachtem Verständniss für die quengelnden Nachkommen.
Leider bin ich da nur bedingt zu gebrauchen. Ein Stück weit kann ich immer Ruhe bewahren. Eine Zeitlang über alles um mich herum weg hören. Doch dann passiert, was passieren musste: Es reicht. Und das schon am ersten Urlaubstag. Verdammt.
Die Fahrt zieht sich so lange, das die gefühlte Dauer einer Erdumrundung in greifbare Nähe rückt. Dies bringt die unausweichliche Diskussion über die richtige Streckenplanung ins Rollen. Navigationsgerät versus Atlas und Gemahlin. Ein nicht zu gewinnender Kampf der in Resignation beider Parteien gipfelt und immer wieder durch „Wann sind wir denn da?“ stimmungsvoll unterbrochen wird. Urlaubsbeginn at its best.
Endlich sind Berge in Sicht. Und das typische, berauschende Gefühl dieses erhabenen und ja, fast schon glücklich machenden Panoramas lässt die kleinen Streitereien sofort in den Alpengipfel-Fototapetenhintergrund rücken. Dahoam also für die nächsten neun Tage.
Der Urlaubsort ist ein beschauliches Fleck Erde. Eingebettet zwischen für Alpenverhältnisse mittelhohen Bergen gibt es hier alles, was das bajuwarische Trachtenschauspiel zu bieten hat. Unweigerlich verfällt man nach dem ersten Grüß Gott sofort in den hierzulande beheimateten Voralpenjargon. Servus, Pfüati und Habe die Ehre!
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Man kann über die Bayern sagen was man will, aber die touristischen Spielregeln beherrschen sie wie kein anderes Volk das ich kenne. Mal abgesehen natürlich von den Fischköpfen am anderen Ende der deutschen Urlaubslandschaft. Dort werden dem zahlungsfreudigen Urlauber mit Leuchttürmen, Fischfängerfiguren und anderen fragwürdigen Gebilden aus Muscheln und anderem Treibgut das am Meeresufer rumlag, die hart verdienten Scheine aus der Tasche gezogen. Hier sind es Lederhosen, Dirndl und jegliche Art von Massivholzschnitzereien und Basteleien, vorzugweise mit Herzchenbemalung.
Selbst im ruhigsten Fleck dieses Gebirgsparadieses wird man mindestens einen Laden finden, der vorproduzierte und dadurch rein gar nicht mehr persönliche Mitbringsel an den Mann bringen will.
Wir verabschieden und verabreden uns für später im Urlaub mit der netten, nicht im geringsten zum Dorfbild passen wollenden Verkäuferin dieses Tante Emma Tempels. Für heute reicht es. Der erste Eindruck ist gut und wie zu erwarten herzerwärmend. Mal sehen was uns die kommenden Tage bringen werden. Dann bis später hier auf der Seite. Ich bin dann mal weg aus dem WWW 🙂 …naja, zumindest ein bisschen…

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