Der Weg zur Arbeit, ob kurz oder lang, entscheidet im Zweifelsfalle über die Stimmungslage des ganzen laufenden Tages. Das die Zeit früh am Morgen schneller vergeht als Nachmittags vorm Feierabend ist ja allseits bekannt. Die Nerven liegen trotz alledem schnell blank, wenn der Spross beim Anschnallen im Kindersitz fröhlich bockt, während einem selber auf der digitalen Zeitanzeige schon ein knallrotes Defizit an Restzeit bis zum Arbeitsbeginn entgegenblinkt.
Das einzige, was bleibt, ist Daumendrücken. Das die „Ablieferung“ in der Kita schnell geht, keine Gespräche mit anderen Eltern mit freundlichem Lächeln auszuhalten sind und: der Verkehr flüssig voran geht. Doch selbst, wenn Du Dir beide Daumen zu Matsch drückst, kannst Du kein anderes Naturgesetz ausser Kraft setzen: „Wenn man es erst schon eilig hat, dauert alles noch länger als sonst!“
Das erste Nadelöhr kommt bereits wenige Meter nach dem Kindergarten. Warum warten, denkt sich ein Knilch, der mich von rechts flott angefahren kommen sieht. Kein nachfolgender Verkehr ist zu sehen und trotzdem wird sich noch schnell „dazwischen geschmuggelt“, abgebremst, nur um dann als blecherner Bremsklotz und selbsternannter Verkehrshüter etwas Ruhe in den hektischen Morgenverkehr zu bringen.
Ich schaue in solchen Fällen gerne durch die Heckscheibe auf die Insassen und entdecke manchmal in der Kontur des Fahrers den klischeehaftesten Verkehrsteilnehmer wieder: den Hutfahrer. Geduldig trottet er zum frühmorgendlichen Shoppen oder auch zur Dialyse. Keine Ahnung, jedenfalls hat er beträchtlich mehr Zeit als ich.
Nach einem innerörtlichen, unerlaubten Überholmanöver erklimme ich, bereits gehetzt, den Berg nach Bad Salzungen. Abrupt werde ich auf schon auf halber Höhe von einer weiteren Gattung der betriebsgestörten Verkehrsteilnehmer fast zum Stoppen gezwungen: einem mit schweren Kanalrohren beladenen LKW, der „mal schnell abkürzen“ wollte oder sich auch einfach verfahren hat. Letzteres schließe ich mal in Zeiten von GPS kurzerhand aus. Was diese Vollpfosten aber dazu treibt, sich mit zu viel Gewicht und Überlänge durch Kloster-Allendorf zu zwängen und beide Brücken nach Bad Salzungen mit Ihrer Last zu schädigen, will mir nicht in den Kopf. Bergauf mache ich mir gerade eher Sorgen, ob die Spanngurte halten oder ich in wenigen Sekunden von Betonrohren zerstampft werde…
Meine Hoffnung, er möge doch wenigstens die Verkehrsumgehung von Bad Salzungen nutzen, wird leider nicht erfüllt. Er biegt rechts ab und nimmt den Weg durch die Stadtmitte. Viel Spaß denke ich noch und biege zur Umgehung ab. Dauert länger, aber nicht so lange wie hinter diesem Idioten durch die Stadt zu tingeln.
An der ersten roten Ampel stelle ich fest, das ein LKW mit beladener Kippmulde schneller bei grün in die Gänge kommt als der erste in der linken Reihe. Ausgeschlafen sieht anders aus. Brüllend beschimpfe ich den Fahrer des weiter vorne los tuckernden PKW´s und sehe ein, das ich nicht mehr pünktlich zur Arbeit komme.
Fast am Ende der Umgehungsstraße tritt auch noch der letzte Klischee beladene Fahrer oder die Fahrerin auf die große Showbühne der Berufsverkehrs-Deppen-Show: Der „Drängler und verantwortungslose Überholer“. Vor einer nicht einsehbaren Rechtskurve überholt diese miese Rinde mich als WAK-Anhänger, einen SHL-Mitstreiter und einen LKW aus GTH. Ich trete vorsichtshalber auf die Bremse um keine Trümmerteile abzubekommen, falls jetzt, erwartungsgemäß für diese Uhrzeit, Gegenverkehr kommt.
Auf der Heckscheibe des weißen Kombis prangen zwei Kindernamensschilder. Darunter steht in Großbuchstaben SM und ich wundere mich nicht weiter. Diese „Nummernschild=Fahrstil-Sache“ ist auch ein Vorurteil, das sich leider nur allzu oft bestätigt.
Eine Zigarettenlänge später biege ich auf unser Betriebsgelände ab, steige aus und hocke gerade meinen Rucksack auf, als auf der Straße ein LKW mit Kanalrohren aus Beton vorbei fährt. Kopfschüttelnd denke ich trotzdem: „Er ist ganz schön schnell durch die Stadt gekommen…“
bleibt stabil!